Leseproben

aus: "Frauen zwischen Welten"

Die Sprachlehrerin  (Auszug:

 

Muss man sehr resolut sein, um sich als Unterneh­merin hier in der ländlichen Struktur, denn Conil ist immer noch ein kleiner Ort, durchzusetzen?

 

Klar, da gab es vor Jahren den Fall, dass ein Besu­cher den Chef unserer Academia sprechen wollte. Als ich sagte, der stünde vor Ihnen, da bestand er dennoch darauf, er möchte mit einem verantwortlichen Mann reden!

 

Haben Sie auch Diskriminierung erleben müssen im Beruf?

 

Klar, von früheren Chefs wie von Klienten. Als ich schwanger wurde, denn ich bin seit 30 Jahren mit ei­nem Feinmechaniker zusammen und habe eine Toch­ter, da hatte man mir sogar eine Abtreibung nahege­legt.

 

Was ist denn Ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen dem Leben in Andalusien und dem in Deutschland?

 

Das ist unsere anders tickende biologische Uhr! Wir stehen später auf und machen aber die Nacht zum Tage. Wenn jetzt zum Beispiel spanische Auszubil­dende nach Deutschland kommen, dann müssen sie sich sehr umgewöhnen! Das macht den meisten Schwierig­keiten, sage ich voraus. Aber das gilt auch für die um­gekehrte Richtung. Das sehe ich in meinen Spa­nischkursen für Ausländer.

 

Was leider überall gleich ist, ist die Bürokratie. Die überwuchert in Deutschland wie in Spanien alles! Das merkte man ja nicht nur beim seinerzeitigen Ausbildungspro­gramm spanischer Jugendlicher in Deutschland, son­dern ich auch schon vorher bei meinem Unterrichts­programm, das auch offiziell in etwa 13 deutschen Bun­desländern als Bildungsurlaub anerkannt ist. Aber man frage mich nicht, was das für eine Bürokratie war oder ist!

.

aus: "...oder man zieht aus Land"

Die verruchte Doppelbadewanne (gekürzt)

Das moderne Kommunikationszentrum  


Noch an jedem neuen Wohnsitz mussten meist Mauerdurchbrüche her, um etwa zwei Kinderzimmer zum künftigen Bad umzugestalten. Und Mittelpunkt eines jeden Bades und auffällige Augenweide (zusätzlichen Wassertankeinbau bevorzugt mit Solaranlage nicht zu vergessen!) ist bei mir die Doppelbadewanne, d a s Kommunikations-Zentrum für eine moderne Partnerschaft schlechthin - in jeder Beziehung. Nichts ist schöner, als nach getaner Arbeit abends zusammen entspannt im warmen Wasser zu liegen und all das zu treiben, was man sich dazu vorstellt - also vom Lesen bis zum gemütlichen Klönen und dem gegenseitigen Tagesrückblick. Und natürlich gehört die großzügige  Ablage für die Champagnergläser in Reichweite.  

 

Inzwischen besitze ich bereits die vierte Variation von Doppelbadewanne nach Farbwunschvorgabe und Sonderanfertigung. Sie nimmt in unserem Altbau die Hälfte des Badezimmers von Wand zu Wand ein und führte zu Straßenaufläufen der Nachbarn bei Lieferung über die Loggia und durch auszubauende Türen. Bei all unseren Gästen ist die Zweierwanne die Sensation, führt regelmäßig zu scheelen Seitenblicken, nur: Warum regt sich keiner beim Doppelbett im Schlafzimmer auf?!  

 

Nur einen Haken weist dieses unser bisher viertes Luxus-Badewannenmodell auf. Nach unseren langjährigen Erfahrungen in Sachen Wasserspielen glaubte mein Partner als Ingenieur jetzt die Whirlpool-, Luft- und Massagedüsen perfekt nach seinen individuellen Plänen einbauen lassen zu müssen. Es kam, wie es kommen musste und wie er selbst zerknirscht heute zugibt: Die von ihm geplanten Düsen whirlen jetzt eindeutig an den falschen Stellen!


Auch in einem Altbaubad kann man eine Doppelbadewanne unterbringen: einfach von Wand zu Wand einbauen!

aus:  Kuriose Tage

 

"Ich bin der Geist, der stets verneint! Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“

 

Dieses berühmte Mephisto-Zitat aus Goethes „Faust“ passt „wie die Faust(!) aufs Auge“ zu diesem höchst skurril-kuriosen Tag, dem Gegenteiltag.

 

Wieder verdankt man diesen Tag einem amerikanischen Ursprung, dem so genannten National Opposite Day, der wahrscheinlich seit 1872 auf den Kongressabgeordneten Alexander Kerr Craig zurück geht. Doch dann gibt es Schlaumeier, die gemäß diesen Tages behaupten: Der Gegenteiltag fände an einem ganz anderen Tag statt, sonst wäre es ja kein Gegenteiltag...

...

Noch zu einer Definition der Enzyklopädie Stupidedia: „Der Gegenteiltag ist das Gegenteil eines normalen Tages. Er wird oft als sinnlos bezeichnet, deshalb ist er sehr sinnvoll, weil das Gegenteil von sinnlos sinnvoll ist.“

 

 

aus: Andalusien ist anders

aus dem Vorwort:

"Spanien ist nicht nur Mallorca, wie es in Deutschland oft den Eindruck macht, es ist eben auch Andalusien. Vieles hier über Andalusien Gesagte gilt aber auch für Spanien."

aus: Raro - das europäische Wunderpferd

Raros Kampf gegen Pferdedecken (Auszug)

 

Wenn es kalt wird in Deutschlands Reitställen, dann bekommen die Pferde alle fürsorglich ihre Winterdecken übergezogen. Nicht so mein Raro. Raro ist nämlich als echtes ungarisches Steppenpferd min-destens minus 25 Grad im Winter gewohnt (und 40 Grad plus im Sommer) und außerdem "ein Pferd, bei dem alle Instinkte noch in Ordnung sind", wie ein Pferdefreund ihn mal beschrieb.Und was braucht ein robustes Steppenpferd schon Pferdedecken! Auch Abschwitzdecken (wenn man ihm fürsorglich die Nieren nach einem heißen Ritt schützen will) verachtet er abgrundtief! Man meint es gut mit diesem Ross und was macht er - ratsch, hast du dich umgedreht, reisst er vorne die Brust-Schnallen weg und mit einem zweiten energischen Ruck das edle Webprodukt vom Rücken. Raros Körpersprache lässt es da nicht an Deutlichkeit missen.

Was tun bei minus 15 Grad?

Als mal so ein Jahrhundertwinter mit minus 15 Grad nachts drohte, da tat er mir doch richtig leid und ich erwarb eine Nato-oliv-Steif-Decke und zog sie Raro über: Die hat vorne gar keine Schnallen, sondern ist fest geschlossen und hat einen Bauchlatz mit zwei Gegenschnallen. Die saß fest und stramm um ihn herum und ich war mir sicher, er hat es warm und kuschelig des Nachts und wird dies zu schätzen wissen... Ich wollte sie ihm sowieso nur nachts überstülpen und ihn morgens davon befreien. Als ich um 8.30 Uhr in den Stall kam, lag die Decke  schon draußen vor der Box zusammengelegt, unversehrt,  auch ungeöffnet (!) nur ziemlich dreckig. Ich dachte, da hat  Raros Pensionswirt schon für mich gearbeitet, aber der klärte mich auf: "Ja, die lag heute früh - ungeöffnet - untergearbeitet in seinem Mist und mein Sohn meinte, heute Nacht war es ziemlich unruhig im Stall!"

Nachdem auf diese Weise zwei blaue mitteldicke  Baumwolldecken, eine feine Jeansdecke, zwei Woll-Abschwitzdecken und ein Fliegennetz den Weg alles Irdischen in kürzester Zeit gingen, gab ich endlich auf!

aus: Saunageflüster

"Wie machst du das eigentlich, Ingrid, dass du auch nach den ganzen Weihnachtsfeiertagen so deine Figur behältst?“ fragt Helen auf der mittleren Saunabank.“
„Tja, zweimal die Woche gehe ich auch noch ins Fitnessstudio“, antwortet Ingrid, die sich gerade über ihr auf der oberen Bank wie immer ausstreckt. „Ohne Fleiß kein Preis!“
Andrea nickt. „Also, zum Aerobic hat mich ja meine Sekretärin neulich überredet – aber Hanteln stemmen?
„Wieso denn“, richtet sich Ingrid auf  und schaut zu Andrea hinunter. "Du warst doch vor drei Wochen ganz begeistert, als ich dich zu einer Schnupperstunde mitnahm!“
Helen verschmitzt, die zum hölzernen Aufgusslöffel greift: “Ich kann mir vorstellen, dass unsere Andrea doch erst einmal fasziniert davon war, sich neue Klamotten mit hohem Beinausschnitt zu erwerben, oder?“
Andrea: „Du hast recht, bin los gezogen und habe mir so einen Body in mint-türkis gekauft. Aber nicht ich bin eigentlich das Problem, sondern Göttergatte Philipp! Der war ja mit dabei und fand es großartig. Der ist ja auch immer so brav und setzt auch das gleich um, was ihm die Übungsleiter sagen. Der wollte auch gleich unsere ganzen Ernährungsgewohnheiten umstellen. Nicht nur, dass nur noch Fisch und Gemüse auf den Teller kommen sollten, ab sofort quoll auch unser Esstisch über von diversen Pülverchen, Mineraldrinks, Eiweißpräparaten, Vitamintabletten. Für jeden von uns beiden in anderer individueller Zusammensetzung, versteht sich. Mit oben genannten Ingredienzen ein fantasievolles Menü zusammenzustellen gelang mir immer seltener, wie unsere spärlicher werdenden spontanen Freundesbesuche signalisierten.“
Ingrid richtet sich etwas auf und blickt auf Andrea hinunter: „Man muss ja nicht gleich so übertreiben!“
Andrea: „Aber er gestaltete auch noch unser Schlafzimmer zu einem Fitnesscenter um: An der einen Dreimeterwand wurde ein Regal allein für die Hantelkollektion eingerichtet, das Renaissancebett vom Flohmarkt musste einer Trampolinwiese weichen und die mühsam hochgepäppelte Sicapalme einem Beincurler.“
Helen schüttelt sich vor Lachen. „Und ich habe euch immer für ein ideales Paar gehalten!“

aus: Mein andalusischer Gärtner:

Warten aufs Protokoll

 

Ich erinnere mich noch gut an unser erstes Betriebsfest auf der Finca. Da saßen wir gemeinsam am großen Tisch mit unseren Arbeitern und ihren Familien, insgesamt 16 Personen. Das Schlüsselerlebnis: Die Musik mit Latinopop im Hintergrund war alles andere als diskret „hintergründlich“ und alle – wirklich alle Spanier – redeten zur gleichen Zeit und miteinander - und es klappte!


Ich war begeistert, fühlte mich sofort zu Hause in einem Land wie diesem! Wenig später fand eine Geburtstagsparty meiner deutschen Freundin hier an der Costa statt, mit insgesamt 12 Personen um den Tisch versammelt, alles Deutsche. Ich fing ein Gespräch mit meinem diagonalen Gegenüber an, während Freundin Monika noch ihrem Gegenüber einen Sachverhalt erläuterte. Sie stoppte mitten in ihrer Erklärung und warf den Satz in meine Richtung: „Würdest du mich bitte ausreden lassen!“ Es gibt ja böse Zungen, die behaupten, ich wäre vor allem auch deswegen nach Andalusien ausgewandert, also nicht nur wegen meiner inzwischen in Flensburg angesammelten 12 Strafpunkte, sondern damit ich endlich ungestraft parallel zu einem Vortragenden mitreden darf.


Aber neulich geriet sogar ich an meine Grenzen bei der Versammlung unserer Urbanisation. Insgesamt waren 52 Personen anwesend im Gemeinschaftsraum. Bei dieser wichtigen Eigentümerversammlung saß ich neben Miguel. Der Vorsitzende der Gesellschaft begann mit den üblichen Eröffnungsfloskeln und stellte die erste Frage. Danach begannen alle, aber auch alle 51 Leute zur selben Zeit laut zu antworten, und das temperamentvoll und ausführlich! Ich fühlte mich doch etwas überfordert und drehte mich zu Miguel um: „Kannst du das verstehen und mir bitte erklären, Miguel!“ – „Iwo“, war seine Antwort fröhlich, “ich verstehe auch nichts, Gabriela!“ – „Aber Miguel, wie erfahre ich denn dann, was nun beschlossen wurde?“ Miguel: „Aber ganz einfach, Gabriela, wir warten aufs Protokoll, da steht dann schon alles drin!“

Fröhlich und laut wird im Süden gefeiert!

aus dem Hörbuch: Spanien für Fortgeschrittene:

D wie Deutschsein

Vor unserer Auswanderung hielt ich mich in Deutschland für einen mediterranen Charakter: Gerne mal alle Fünfe gerade sein lassend, versuchend, nicht nur zu leben, um zu arbeiten, sondern auch umgekehrt, sture Beamten mit pfiffigen Lösungen überraschend, drei Stunden beim Mittagessen sitzen könnend, es mit der Pünktlichkeit nicht so genau nehmend usw. So war ich auch stolz auf das Kompliment von unserem Gärtner Miguel: “Gabriela, Du bist gar keine typische Ausländerin, Du bist eine von uns!“

 

Aber jetzt beobachte ich einen schleichenden Prozess, dass ich meine germanischen Wurzeln nicht nur nicht verleugnen kann, nein, dass ich mich immer vehementer auf die sogenannten preussischen Tugenden berufe, so da wären: straffe Organisation, Geradlinigkeit, Korrektheit und ja, auch eine Prinzipientreue bis fast zur Sturheit. Aber leider geht damit auch wachsendes Misstrauen einher. Ich glaube es einfach nicht mehr, wenn mir ein Einheimischer verspricht: „Ich rufe zurück“.

 

Darauf fiel ich nur die ersten beiden Jahre herein und wartete und wartete... Heute antworte ich schnell: “Nein, ich rufe Sie wieder an!“ Und natürlich haben sie alle in den Telefonzentralen inzwischen gelernt, das Un-Wort „mañana“ zu vemeiden. Doch wenn ich höre: „Der Techniker kommt am Dienstag“, dann kann es der Chica passieren, dass sie sich meine bissige Replik anhören muss: „Welchen Dienstag - diese Woche, diesen Monat oder nächstes Jahr ein Dienstag ?!“ Und dann erschrecke ich selbst über mich. Dann stehe ich neben mir und mir fällt auf, dass ich nie so deutsch wie hier und jetzt im Ausland war, dass ich auf meinem deutschen Quadratschädel bestehe, gut beschrieben in dem bekannten Witz, den sich die Südeuropäer über uns erzählen:

"Warum braucht ein Deutscher bei Kopfweh vier Aspirin? - Für jede Ecke eines!"